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Fackelzüge und Flaggenparaden – Naziterror beginnt (2. Teil)

- Vor 85 Jahren -

Im Februar 1933 begann auch in Cottbus der Terror gegen Kommunisten, Gewerkschafter und Sozialdemokraten, aber auch gegen bürgerliche Kommunalpolitiker. Der Anzeiger berichtete täglich von vermeintlichen Anschlagsplänen und Gewalttaten („Scharfe Überwachung der Kommunisten auch in Cottbus") und veröffentlichte die Ausführungsbestimmungen für den Einsatz der SA und des „Stahlhelms" als Hilfspolizei. Die sozialdemokratische Märkische Volksstimme fand noch klare Worte („Der braune Terror wütet!"). Am 17. Februar wurde das Blatt zuerst für drei Tage verboten. Am 28. erschien die letzte Ausgabe. In einer solchen Atmosphäre der Angst einerseits und des nationalistischen Taumels andererseits bereiteten die Nazis die endgültige Beseitigung der kommunalen Selbstverwaltung und der linken Mandatsträger und Beamten vor. Dabei lief nicht alles nach Plan. Bei den Reichstagswahlen am 5. März verfehlte die NSDAP die angepeilte absolute Mehrheit, konnte jedoch im Bündnis mit der Kampffront Schwarz-Weiß-Rot die Politik des Terrors fortsetzen. In Cottbus fiel der Sieg dieses Bündnisses erheblich besser aus als im Reichsmaßstab (Reich: 51,7%, Cottbus 56%).
 Die letzte Kommunalwahl
 Nun konzentrierte sich die Propaganda auf die Wahlen zum Cottbuser Stadtparlament am 12. März. Dort gab es vorher folgende Sitzverteilung: SPD 18, Bürgerliche Vereinigung 14, Mittelpartei 3, NSDAP 2, KPD 2, Fraktionslos 2). Bei der Veröffentlichung der Wahlvorschläge ging alles noch scheinbar korrekt zu. Am Tag vor der Wahl druckte die nunmehr einzige Cottbuser Tageszeitung jedoch einen eindeutigen Kommentar: „Wer davon überzeugt ist, dass wir aus dem Wirrwarr, den schweren Fehlern der letzten Jahre unbedingt heraus müssen, der kann gar nicht anders als sich am Sonntag für die Kandidaten jener nationalen Gruppen zu entscheiden, die sich zusammensetzen aus den Nationalsozialisten und den Trägern der Kampffront Schwarz-Weiß-Rot" Und: „Man darf hoffen, dass die Absagen an die Linksparteien, die gründlich abgewirtschaftet haben, morgen in noch erhöhtem Maße in Erscheinung treten." So kam es dann auch. Bei der Beurteilung der Wahlergebnisse ist zu beachten, dass es einerseits Terror, Angst und eine massive Propagandawelle der Nazis gab. Andererseits war die Wahlhandlung selbst frei. In den Wahlkabinen konnte jeder seine Stimme frei und geheim abgeben. Absolute Mehrheit für die NSDAP Anders als bei den Reichstagswahlen gewann die NSDAP am 12. März bei den Wahlen zur Cottbuser Stadtverordnetenversammlung die absolute Mehrheit. Von den 41 Sitzen erhielt sie 21. Die SPD brachte es trotz Verbot ihrer Zeitung auf 12 Sitze, die Kampffront erhielt sieben Mandate und die Kommunisten eines. Von jetzt an sprach man Klartext. Der Cottbuser Anzeiger erklärte auf eine Anfrage, dass die „kommunistischen Provinzial-Landtagsabgeordneten, Gemeindevertreter und Stadtverordneten einfach nicht eingeladen werden." Dabei blieb es nicht. Der gewählte kommunistische Stadtverordnete Walter Wagner wurde inhaftiert, später zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt und anschließend ins KZ eingeliefert. Das Unwort dieser Tage hieß „Schutzhaft". Um sozialistische Kommunalpolitiker und Gewerkschaftsfunktionäre vor dem „berechtigten Volkszorn zu schützen", wurden sie ohne Urteile inhaftiert und misshandelt.  Entlassungen und Verhaftungen In Cottbus sperrten die neuen Machthaber sofort Polizeidirektor Kolbe ein. „Sämtliche besoldete und unbesoldete Stadträte aus Cottbus, soweit sie der Sozialdemokratischen Partei angehören, (sind) ab sofort beurlaubt worden." Verhaftet wurden die SPD-Stadträte Reitsch und Gehler. Der Cottbuser Anzeiger frohlockt: „Das große Aufräumen unter den Marxisten, soweit sie der öffentlichen Verwaltung angehören, nimmt seinen Fortgang." In „Schutzhaft" genommen wurden auch gewählte sozialdemokratische Stadtverordnete, Rathausangestellte und Lehrer. Ähnliches vollzog sich in Drebkau, Finsterwalde, Forst, Vetschau und Sorau (heute Zary). Bürgermeister Dr. Adolf Varnhagen reichte „sein Pensionierungsgesuch ein", nachdem man ihm schon vorher die Polizeiexekutive entzogen hatte. Anders lag der Fall bei Oberbürgermeister Dr. Erich Kreutz. Er wurde laut Cottbuser Anzeiger Ende März zwar ohne Kommentar beurlaubt, taucht unmittelbar danach jedoch zunächst als amtierender und dann als gewählter OB in Brandenburg/Havel wieder auf. Wegen seiner Logenmitgliedschaft 1937 entlassen, wählte er später den Freitod.
Wie schnell besonders die Cottbuser Mittelschicht mit fliegenden Fahnen zu den Nazis überlief, zeigte die Lehrerschaft der Oberrealschule in der Bahnhofstraße. Nur drei Tage nach der Kommunalwahl stellte sie den Antrag, die Bildungseinrichtung „Adolf-Hitler-Schule" zu nennen. Am 19. März sagte Pfarrer Schmidt bei einem Festgottesdienst in der Oberkirche „aus Anlass des Sieges der nationalen Revolution": „Der Sieg der nationalen Bewegung ist so groß gewesen, dass man nur sagen kann: Er ist durch den Herrn gekommen!" So abgesichert konnte nun der Terror gegen die jüdische Bevölkerung in Cottbus beginnen.


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